Mutationsexperimente mit Influenzaviren

Schematische Darstellung von Mutationsexperimenten mit dem Ansatz der forward und reverse genetics. Mutationsexperimente Quelle: © Symbolbilder: Maus: dzm1try/fotolia.com, Zellen: topvectors/fotolia.com

Mutationsexperimente mithilfe von forward und reverse genetics. Bei der Passagierung sammeln sich in der viralen Erbinformation zunehmend Mutationen an. Diese Mutationen können eine beobachtbare äußerliche Veränderung (Phänotyp) verursachen. Bei forward genetics-Experimenten werden ausgehend von diesem Phänotyp die verursachenden genetischen Veränderungen des Virus (Genotyp) gesucht. Im Gegensatz hierzu wird bei reverse genetics-Experimenten ausgehend von einem bekannten Genotyp die resultierende Veränderung des Phänotyps untersucht.

Mutationsexperimente können zwei Ansätze verfolgen. Bei dem Ansatz der forward genetics werden ausgehend von einer zufällig entstandenen äußerlichen Veränderung (Phänotyp), zum Beispiel von Krankheitssymptomen in einem Tiermodell, die ursächlichen genetischen Veränderungen (Genotyp) des Virus gesucht. Typische Tiermodelle für zum Beispiel die Untersuchung der Anpassungsfähigkeit von Influenzaviren aus Vögeln an den Menschen sind die Maus und das Frettchen. Diese werden zunächst mit dem Ausgangsvirus infiziert und geben dann Influenzaviren ab. Mit diesen Viren werden anschließend in mehreren Runden weitere Mäuse oder Frettchen infiziert. Bei diesem als Passagierung bezeichneten Vorgehen sammeln sich in der Erbinformation des Virus Veränderungen (Mutationen) an, die es ihm ermöglichen, sich immer besser in dem ihm vorher fremden Wirt zu vermehren, auszubreiten und so eine Erkrankung auszulösen. Nach der Passagierung besitzt das Virus demnach andere äußerliche und genetische Eigenschaften als das Ausgangsvirus. Da es sich bei dieser Art der Mutagenese um einen zufälligen, natürlichen Prozess handelt, sind die erzeugten Mutationen sowohl von ihrer Art her als auch von ihrer Anzahl und Position innerhalb der viralen Erbinformation zunächst unbestimmt. Nach dem Auslesen der Erbinformation des passagierten Virus kann jedoch der Genotyp mit dem Phänotyp in Verbindung gebracht werden. Tritt dabei bei einem bestimmten Phänotyp eine bestimmte Mutation in mehreren parallel und unabhängig voneinander durchgeführten Versuchen auf, kann davon ausgegangen werden, dass diese an der Anpassung des Virus beteiligt ist. Einen letztendlichen Beweis für deren Beteiligung können forward genetics-Versuche jedoch nicht liefern.

Für den Beweis, dass eine bestimmte genetische Veränderung die beobachtete äußerliche Veränderung verursacht, sind Versuche mit dem umgekehrten Ansatz der reverse genetics notwendig. Hierbei werden mithilfe molekularbiologischer Techniken eine oder wenige Mutationen an genau definierten Stellen der viralen Erbinformation eingeführt. Es wird folglich ausgehend von einer bekannten Änderung des Genotyps die Auswirkung auf den Phänotyp beobachtet. Um die Anzahl der zu untersuchenden mutierten Viren zu begrenzen, steht hinter diesem Ansatz in der Regel eine konkrete Hypothese hinsichtlich der Funktion der mutierten Proteinbausteine. Diese kann aus den Ergebnissen anderer Methoden, u. a. der forward genetics, entwickelt werden. Reverse und forward genetics können so aufeinander aufbauen. In der Praxis werden reverse genetics-Experimente häufiger durchgeführt als der umgekehrte Ansatz. Im Gegensatz zum forward genetics-Ansatz, bei dem das Ausgangsvirus häufig, aber nicht immer, mittels gentechnischer Methoden hergestellt wird und das Experiment daher nicht immer als gentechnische Arbeit anzusehen ist, handelt es sich bei reverse genetics-Experimenten zwingend um Gentechnik.

Stand: Mai 2019

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