Entwicklung eines saisonalen Grippeimpfstoffs

Schematische Übersicht über den zeitlichen Ablauf der Entwicklung eines saisonalen Grippeimpfstoffs für Länder der Nordhalbkugel. Herstellung des saisonalen Grippeimpfstoffs

Zeitlicher Ablauf der Entwicklung eines saisonalen Grippeimpfstoffs für Länder der Nordhalbkugel. Von der Welt- gesundheitsorganisation (WHO) koordinierte Prozesse sind blau, von Arzneimittelherstellern durchgeführte Prozesse gelb und von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) im Rahmen der zentralisierten Marktzulassung (für gentechnisch erzeugte Impfstoffe) durchgeführte Prozesse grün hinterlegt. Das nationale Zulassungsverfahren (für nicht-gentechnisch erzeugte Impfstoffe) ist nicht dargestellt.

Grippeimpfstoffe enthalten entweder abgeschwächte lebende Viren (attenuierter Lebendimpfstoff) oder lediglich Bestandteile von Viren (Spaltimpfstoff und Untereinheiten-Impfstoff), insbesondere die Oberflächenproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA). Um der Vielfalt der zirkulierenden Influenzaviren Rechnung zu tragen, sind in diesen Impfstoffen jeweils ein Influenza-A-Virus des Subtyps H1N1 und eines des Subtyps H3N2 sowie ein oder zwei Influenza-B-Viren der Linien Victoria und/oder Yamagata bzw. Bestandteile dieser Viren enthalten. Dabei gilt, dass der Immunschutz nach einer Impfung umso besser ist, je mehr die enthaltenen Komponenten des Impfstoffs den tatsächlich zirkulierenden Viren ähneln. Da die Zusammensetzung der Impfstoffe jedoch aus produktionstechnischen Gründen über ein halbes Jahr vor der Grippesaison von der Weltgesundheitsorganisation bzw. der Europäischen Arzneimittelbehörde festgelegt werden muss, kann ihre Wirksamkeit je nach Genauigkeit der Vorhersage von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen.

Die im Grippeimpfstoff enthaltenen Influenza-A-Viren und einige Influenza-B-Viren werden mittels Reassortierung hergestellt. Denn oftmals ist es so, dass das Zielvirus, gegen das der Impfstoff schützen soll, nur mit geringer Ausbeute in Hühnereiern oder Zellkultur und daher nur mit großem Zeit- und Kostenaufwand hergestellt werden kann. Im Gegensatz dazu kann sich der etablierte Influenza-A-Viruslaborstamm PR8 (kurz für die Stammbezeichnung A/Puerto Rico/8/1934 (H1N1)) sehr gut in diesen Produktionssystemen vermehren. Einen Immunschutz gegen derzeit zirkulierende Influenzaviren würde ein PR8-Impfstoff jedoch nicht bieten. Um die schützende Wirkung und die guten Produktionseigenschaften in einem Virus zu vereinen, werden daher sechs Genomsegmente von PR8 mit den zwei Genomsegmenten des Zielvirus neu kombiniert, welche die Information für die Oberflächenproteine HA und NA tragen. Als positiver Nebeneffekt kann sich die so entstandene Reassortante schlechter im Menschen vermehren als das Zielvirus und stellt damit eine geringere Gefahr für die Gesundheit dar. Dies ist besonders bei der Herstellung von derzeit noch experimentellen Pandemie-Impfstoffen wichtig, die gegen Stämme der sogenannten Vogelgrippe (z. B. vom Subtyp H5N1) schützen sollen. Denn nur so kann bei ihrer Produktion auf einige aufwendige Sicherheitsmaßnahmen verzichtet werden, über die nur bestimmte Labore verfügen.

Stand: Mai 2019

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